Ich lebe nicht monogam: Ein Plädoyer für die offene Beziehung

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Unsere Autorin lebt nicht monogam. Zumindest nicht mehr. Denn sie ist der festen Überzeugung, dass Monogamie um jeden Preis eine Beziehung zerstören kann. Mit dieser Meinung ist sie nicht alleine. So hat die Paartherapeutin Lisa Fischbach darüber sogar ein Buch geschrieben. 

„Treue ist auch keine Lösung“ heißt das Buch von Lisa Fischbach. Hier beschreibt sie einerseits, dass viele den Begriff „Treue“ als „nicht Fremdgehen“ definieren. Dabei stammt das Wort aus dem Mittelhochdeutschen und bedeutet so viel wie „stark“ und „fest“. Das Wort „Vertrauen“ basiert wiederum auf dem Begriff „Treue“. Und genau das ist mein erster Ansatzpunkt. Ich glaube nicht, dass es wichtig ist, nur mit einem Partner zu schlafen. Wichtiger ist es, dass sich jedes Paar über das ganz individuelle Treuemodell im Klaren ist.

Wie Unzufriedenheit und Erwartungshaltung zum Seitensprung führen kann

Ich halte mich beispielsweise für eine treue Partnerin. Ich bin aber nicht monogam. Körperliche Exklusivität ist für mich nicht die eine Voraussetzung für eine Beziehung. Oder viel eher: Sie ist es nicht mehr.

Vielleicht funktioniert Monogamie am Anfang einer Beziehung. Vielleicht auch in den ersten Jahren. Doch meine persönliche Erfahrung zeigt mir: Nach einer gewissen Zeit entsteht eine Unzufriedenheit. Man entfernt sich als Paar. Diese Unzufriedenheit kollidiert aber wieder mit einer enormen Anspruchshaltung. Denn der Partner oder die Partnerin soll einen intellektuell, emotional und sexuell erfüllen. Hand aufs Herz: Da entsteht ein gigantischer Leistungsdruck für beide Parteien. Das kann meiner Meinung nur ungesund sein. Und das Resultat ist dann oftmals, dass einer oder beide fremdgehen. Um nur einmal einen statistischen Blick auf die ganze Sache zu werfen: In einer ElitePartner-Studie kam heraus, dass jeder vierte liierte Mann und jede fünfte Frau in Deutschland schon mal fremd gegangen ist. Ziemlich eindeutig, oder?

Die Regeln einer offenen Beziehung

Ich glaube, es ist für viele Paare deutlich gesünder, wenn man sein Beziehungsmodell öffnet. Ich meine jedoch nicht emotional: Das wäre für mich schwer zu ertragen, eine Frau an der Seite meines Mannes Niklas zu erleben, die er auf eine andere, aber ähnlich intensive Art und Weise liebt. Polygam bin ich also nicht! Wenn ich von einem offenen Beziehungsmodell spreche, rede ich von reiner Körperlichkeit. Ich rede von Sex mit anderen Menschen, in meinem Fall: Männern. Und gleichzeitig eine klare Kommunikation mit meinem wunderbaren Mann, den ich sehr liebe!

Das hat letztendlich sogar meine Beziehung gerettet. Bis ich nämlich den Entschluss gefasst habe, ging es mir sehr lange schlecht. Ich erlaubte mir nicht den Gedanken, mit einem anderen Mann zu schlafen. Ich hatte Angst, das würde unsere Liebe zerstören. Gleichzeitig hatten Niklas und ich seit zwei Jahren keinen Sex mehr. Das einzige was half? In den Dialog zu treten. Nach vier Jahren der Ehe redeten mein Mann und ich das erste Mal miteinander wirklich offen. Niklas sagte mir, dass er sich nicht wirklich als sexueller Mensch betrachtet und immer das Gefühl hatte, er würde mir im Bett nicht alles geben können. Und ich erwiderte, dass ich ihn wahnsinnig liebe, mir aber der Sex so. Sehr. Fehlt. Es war letztlich seine Idee, dass wir die Beziehung öffnen. Allerdings nur unter bestimmten Regeln. Und das sind diese:

#1: Kein Sex mit Bekannten. Und auch die Namen des sexuellen Partners bleiben geheim. Ebenso wie die Wohnorte.

#2: Verhütung mit Kondom ist oberste Priorität!

#3: Es ist klar geregelt, wie viele Informationen von dem anderen Sexualpartner preisgeben.

#4: Wir haben wöchentliche Date Nights, feste Tage, die nur für uns sind!

#5: Niemals, wirklich niemals (!), haben wir Sex mit einem anderen Partner in unseren eigenen vier Wänden

#6: Wir bleiben ständig im Dialog über unsere Gefühle.

Offene Beziehung kann ein Spiel mit dem Feuer sein

Für Niklas und mich klappt das wunderbar. Durch die ganze Sache ist ein neues Feuer zwischen uns entfacht. Wir haben plötzlich mehr Sex, als vor dem Entschluss, eine offene Beziehung zu führen. Wenn er keine Lust hat, schaut er mir dabei zu, wie ich mich selbst befriedige. Was wahnsinnig erfüllen sein kann. Dementsprechend kommt es auch tatsächlich recht selten vor, dass ich mit einem anderen Mann schlafe. Allein die Option und die Offenheit hat zu einer neuen Qualität unserer Ehe geführt. Und ich bin der festen Überzeugung, dass das bei vielen anderen Paaren und Eheleuten nicht anders wäre.

Dennoch ist mir natürlich klar, dass eine offene Beziehung auch ein Spiel mit dem Feuer ist: Man kann den Partner oder die Partnerin ungewollt verletzen. Oder plötzlich Gefühle für den einen oder anderen Sexualpartner entwickeln. Denn wir sind alle nur Menschen. Liebe, Sex und Emotionen – das ist alles gar nicht so leicht voneinander zu trennen, wie es in der Theorie vielleicht den Anschein erwecken mag. Doch von vorneherein eine offene Beziehung auszuschließen, kann noch viel toxischer sein.

Bei Niklas und mir hätte wahrscheinlich die Monogamie zu einem traurigen Ehe-Aus geführt.

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