Ode an die Emotionen – Fühlt so viel ihr könnt!

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Schon von Kindesbeinen an wurde mir nachgesagt, dass ich eine Heulsuse sei. Lange empfand ich das als Beleidigung – mittlerweile habe ich meine Sensibilität zu schätzen gelernt, und gebe mich bewusst meinen Tränen, dem Selbstmitleid oder irrationalen Emotionen hin ohne mich dafür zu schämen.

Ich lasse mir meine Tränen nicht nehmen

Ich halte mich für einen grundsätzlich positiven, glücklichen Menschen, aber es gibt diese Tage an denen etwas schwer auf meinen Schulter lastet. So schwer, dass es mich erst in die Knie und dann in mein Bett zwingt. Die Gründe dafür können vielfältig sein­ – etwa die Ablehnung durch eine andere Person oder Erwartungen von mir an mich, die ich nicht erfüllen konnte. Um aus diesem Schlamassel rauszukommen, hilft es mir nur, mich dem Gefühl hinzugeben. Ich heule was das Zeug hält und tauche ein, in das diffuse, aber auch reinigende Gefühl des Selbstmitleids. Das mag ungesund oder lächerlich klingen, aber das ist mir mehr als nur egal ­– ich sch…ße darauf, was andere sagen, denn es sind meinen Gefühle und die müssen gefühlt werden.

Mein Gefühlshaushalt braucht keine Putzfrau

Wenn ich als Kind geweint habe, haben meine Eltern mich dazu aufgefordert doch bitte endlich! damit aufzuhören. In meiner letzten Beziehung konnte mein Freund auch nicht damit umgehen, wenn mir vor zu viel Emotionen (die können durchaus auch positiv sein) mal wieder die Tränen über die Wangen liefen. Gesellschaftlich sind Emotionen nämlich besser anerkannt, wenn sie um Zaum gehalten werden. Sie machen sich auch gut als Titel eines bunten Ratgeber Magazins. Die Autoren geben semi-hilfreiche Tipps zum Umgang mit unberechenbaren Stimmungsschwankungen, die den Alltag durcheinander wirbeln. Meditieren oder im Wald Bäume umarmen – hat alles sicher seine Berechtigung – dennoch frage ich mich: „Wann haben wir aufgehört die Gefühle auszuleben und ihnen zuzuhören?“  Selbstdisziplin gehört ins Fitnessstudio, aber doch bitte nicht in den Gefühlshaushalt!

Es gibt für alles einen Back-Up-Plan und mehr Sicherheitsnetze als im Cirque du Soleil.

Die Katharsis zelebrieren

Der Selbstoptimierungsdrang greift vielerorts um sich. Er hatte auch mich lange Zeit fest im Griff. Ich bin stolz auf mich, wenn ich produktiv bin. Erst wenn meine Pläne aufgehen und alles nach meinen Vorstellungen verläuft, mag ich mich wirklich gern. Wie schön ist doch das Gefühl alles unter Kontrolle zu haben. Es gibt für alles einen Back-Up-Plan und mehr Sicherheitsnetze als im Cirque du Soleil. Davon habe ich mich verabschiedet, denn wenn dich das Leben tritt, dann bis du am Boden liegst. Mir hilft es mehr, mich dem Schmerz hinzugeben als verzweifelt nach Kontrolle zu ringen. Nach einem ausgedehnten Gefühlsbad (heiß, kalt, heiß, lauwarm, bitterkalt) fühle ich mich fast gereinigt. Die Tränen haben die Wut, Trauer, Enttäuschung, oder was auch immer die Sturzbäche ausgelöst hat, weggespült und die Heilung kann beginnen.

Bring dein inneres Kind zum Lachen

Die Auslöser der Tränen werden gerne als “negative Gefühle“ bezeichnet. Ich möchte diese “Buh-Gefühle“ an dieser Stelle in Schutz nehmen und ihnen die Negativ-Wertung abnehmen. Denn die Kategorisierung dieser Gefühle in gut und böse, erscheint mir doch etwas zu leichtfertig. Ein starkes Gefühl, das sogar Tränen auslöst, hat es verdient beachtet zu werden, anstatt es zu verteufeln. Ich bin mir sehr sicher, dass die Unterdrückung von Gefühlen krank macht. Wenn ein Kind weint, schauen wir, welches seiner Bedürfnisse befriedigen muss, um es wieder glücklich zu machen. Fragt euch, was euer inneres Kind braucht, um wieder lachen zu können!

Mit Feingefühl fühlen

Natürlich gibt es Situationen in denen ich genau abwäge, wie viel Emotionen meine Umwelt gerade vertragen kann. Besonders im professionellen Kontext ziehe ich mich eher zurück, um kurz mal abzuheulen, oder mir auf eine andere Weise Luft zu verschaffen. Die Personen in meinem beruflichen Umfeld müssen nicht alle Teile meiner Persönlichkeit kennen und können einen emotionalen Ausbruch schwerer einordnen. Aus einem weiteren Grund halte ich für sehr ratsam, offen mit meinen Gefühlen umzugehen, anstatt sie zu bekämpfen. Vielleicht ist es nämlich doch mal etwas Ernstes. Depressive Episoden kennen sicherlich die meisten, wenn sich diese aber häufen, ist es hilfreich einen Therapeuten aufzusuchen. Psychologische Betreuung sollte als legitime medizinische Maßnahme angesehen werden, denn auch unsere Seele benötigt Pflege und Zuwendung. In diesem Sinne – pflegt euch und lasst den Emotionen freien Lauf!

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Autor

Fitness Trainerin, Bloggerin für Louise et Hélène, Fotografin und Schildkröten-Mama: Konstanze ist bereits in viele Rollen geschlüpft. Ihre feste Überzeugung: Das Leben ist ein Spielplatz, wo man jeden Tag neue spannende Dinge entdecken kann. Neugierde und Tatendrang bewegen Konstanze zum Schreiben. Ihr Steckenpferd: Die Rolle der Frau in gesellschaftlichen Spannungsfeldern. Was bedeutet es, eine Frau zu sein? Welche Herausforderungen bringt das mit sich? Wie kann ich meine Weiblichkeit ehrlich ausleben? Und wo ist die Balance zwischen Körperkult und Body Positivity? Ohne Dogmatismus und mit viel Humor begibt sie sich auf die Suche nach Antworten.