Orgasmic Meditation: Wir haben es getestet

Orgasmic meditation test

Als ich die Einladung für den Orgasmic Meditation Workshop erhalten habe, stand das Bild klar vor meinen Augen: Ich stelle mir vertiefende Atemübungen vor, die die Sexualität ankurbeln und sehe mich das OM chanten for better Sex vor einer goldene Buddha Statue. Falscher hätte ich nicht liegen können…

Beim Workshop sitzen wir auf einem weißen Sofa und trinken Darjeeling mit Vanillegeschmack. Nichts erinnert an Meditation, Yoga oder Kontemplation. Es gibt weder Kissen noch Räucherstäbchen und auch keinen Buddha. Stattdessen erzählt Trainerin Elisa von ihrer ersten Begegnung mit der Orgasmic Meditation, kurz genannt: „OM“. Sie berichtet von London, Freunden und einer Party. Meine Gedanken driften ab, da höre ich plötzlich das Wort „Klitoris“. Ich bin wieder voll da und verstehe augenblicklich, was Orgasmic Meditation wirklich ist.

15 Minuten für die Klitoris

Bei OM berührt der Partner 15 Minuten lang die Klitoris der Frau. „Es ist eine Meditationspraxis mit sexueller Komponente “, erklärt Elisa. Der Partner oder die Partnerin wird dabei „Stroker“ genannte. Der Stroker konzentriert sich alleine auf die klitzekleine Perle und streichelt das obere Viertel mit so genannten „Strokes“. Ganz kleinen, sanften Berührungen, die dem Kitzler der Strokee, der Frau, gelten.

 

 

orgasmic meditation

„Der Orgasmus steht dabei nicht im Vordergrund“, erklärt Elisa, als ich breit zu grinsen anfange. Beim „OMen“ ist der Weg das Ziel. Wie beim Tantra gibt es keinen Leistungsdruck und keinen messbaren Erfolg. OM soll eher einen Rahmen schaffen, damit beide Partner ihre Verbindung und ihre Empfindungen erforschen können.

„Die Strokee kann durch OM mehr Verbindung zu ihrer Lust und ihrem Körper herstellen, der Stroker übrigens genauso“, sagt Elisa. Bei manchen stellt sich ein Orgasmus ein, andere bauen eher Blockaden und Trauma ab, manche erforscht ihre Emotionen und andere verwandelt dadurch Taubheit in Empfindsamkeit.

 

Klare Spielregeln – sicherer Rahmen

Damit das passieren kann, gibt es beim OM ganz klare Spielregeln. Zuerst wird gefragt: „Möchtest Du mit mir OMen“. Ein Nein wird akzeptiert und nicht persönlich genommen. Kommt es zum OM, gibt es einen präzisen Ablauf: Zu Beginn wird etwas Neutrales über die Vulva gesagt: „Sie ist rosa und an den Rändern geriffelt“. Dann erdet der Stroker die Frau mit ein paar Griffen auf den Oberschenkeln. Dann kommen die Strokes. Während der 15 Minuten wird nicht geredet, sondern gefühlt. Nur Sätze wie „weiter nach rechts/links/oben/unten oder stärker/schwächer“ sind erlaubt. Am Ende wieder Erdung. Dann wird geredet und die Erfahrung verankert, indem man sich ohne Wertung darüber austauscht. Sex findet im Anschluss NICHT statt.

Klingt simple. Ich bin begeistert. Vom Tantra mag ich die innere Einkehr beim Sex, aber ein Tantra-Massageritual von drei Stunden lässt sich zwischen Kind, Karriere und Küche kaum umsetzen. Doch 15 Minuten sind immer drin. So schlägt man mehrere Fliegen mit einer Klappe: eine regelmäßige Sexpraktik mit dem Partner, die Lust bleibt (trotz Alltagsstress) am Leben und man verbessert obendrein seine Sexualität. Bingo!

 

Lebensverändernd

Genau das war auch das Ziel von Nicole Daedone, die OM erdacht hat. In einem Interview berichtet sie, dass sie „Achtsamkeit und Sexualität“ zusammenbringen wollte, genauso wie Meditation Achtsamkeit und Stille vereint und Yoga Achtsamkeit und Bewegung. Es sollte simple sein und leicht umsetzbar.

Tatsächlich lebt OM davon, dass es regelmäßig praktiziert wird. „Es ist wie beim Sport“, erklärt Elisa. „An manchen Tagen läuft es fantastisch, an anderen nicht. Aber nach einer Zeit wird es spürbare Veränderungen in deiner Sexualität geben.“ Elisa hat OM zwei Jahre lang fast täglich praktiziert. Dafür ist sie sogar in eine OM-WG gezogen, wo schon vor dem Frühstück „geOMt“ wurde.

Für uns Newbies hat sie eine Liste erstellt, was sie für sie seitdem verändert hat:

 

  • Ich fühl mich sexy, flirte gern und „kann“ flirten
  • Ich weiß (!), dass andere Menschen am Sex mit mir Spaß haben, ich bin nicht unsicher, ob ich oder das, was ich mache, gefällt
  • Ich mache in sexuellen Kontexten ausschließlich, was ich will (okay, vielleicht nur zu 98 %, aber das ist viel, im Vergleich zu vielen anderen)
  • Ich weiß, dass ich immer Sex haben kann, wenn ich will. Ich habe keinerlei Sexmangel. Auch Sexfantasien kann ich einfach umsetzen, kein Problem
  • Ich habe nur (!) guten Sex – ich kann loslassen beim Sex
  • Ich kann intensive Situationen navigieren und auch andere in diesen Prozessen halten
  • Ich hab ein Gefühl für den „Spot“, an dem am meisten Verbindung und Elektrizität fließt, im OM, beim Sex, in einer Unterhaltung, im Leben!

 

Männer bekommen den Sex, von dem sie träumen

Für mich als Frau klingt das sehr vielversprechend, doch was hat der Mann vom OM? „Sie können ihr eigenes orgastisches Empfinden extrem erweitern, bekommen ihren ganzen Körper und nicht mehr nur ihren Penis als Sexualorgan geschenkt. Sie lernen mit Frau so umzugehen, dass sie endlich den Sex bekommen, von dem sie immer träumen“, erklärt Elisa. Und dann kann man noch feststellen, dass beide verbunden sind. „Wenn Energie fließt, fühlen es beide, wenn einer von beiden abwesend ist, fühlt es der jeweils andere, wenn sich ihre Hüfte öffnet, hat er ein Gefühl von Öffnung in seinen Schultern und Nacken“, beschreibt es Elisa.

„Es ist simple, aber nicht einfach.“

Mein Mann konnte das am Abend bestätigen. Kaum zu Hause bauten wir ein „Nest“ und probierten das Gelernte aus. Hinlegen und Beine spreizen, fühlte sich zuerst seltsam und befremdlich an. Als er jedoch meine Vulva beschreibt, bin ich geradezu von Glück erfüllt. Die „Strokes“ hingegen spüre ich kaum. Mein Mann seinen Rücken hingegen umso mehr. „Ist simple, aber nicht einfach“, sagt er. Immer wieder schweifen meine Gedanken ab und ich muss mich – wie bei einer Meditation – konzentrieren „dazubleiben“. An einem bestimmten Punkt brennt es. Meinem Mann sagt später, dass er genau in dem Moment eine enge Verbindung mit mir gespürt habe. Elisa erklärt dazu: „Wenn die Klitoris taub ist, weil wir genau dort oft einfrieren und Trauma lagern, dann kann es schon sein, dass das „Auftauen“ sich schmerzhaft anfühlt“. Natürlich solle es nicht wehtun, sagt sie weiter. Aber vielleicht könne ich „das Gefühl auch wertfrei und rein sensorisch wahrnehmen“

Elisa OMt übrigens nicht mehr – zumindest liegt ihr Fokus nun nicht mehr beim selber üben, sondern dabei, es anderen beizubringen. „Weil ich die oben genannte Geschenke von OM erhalten habe, weil ich sie wirklich habe, mit warmen Bauchgefühl und keinerlei Zweifel – deswegen OMe ich nicht mehr“, erklärt sie. Bis dahin werden mein Mann und ich noch ein bisschen üben müssen, aber selten hat Training so viel Spaß gemacht.

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